Abgase

Abgase
Abgase,
 
bei technischen oder chemischen Prozessen (besonders bei Verbrennungsprozessen) entstehende, meist nicht mehr nutzbare Gase, die noch flüssige (bei hohen Temperaturen meist dampfförmige) oder feste Bestandteile enthalten können. In den aus Feuerungs- und Heizungsanlagen sowie aus Verbrennungskraftmaschinen abziehenden oder ausgestoßenen Abgase, die bei den dort stattfindenden Verbrennungsprozessen entstehen (Verbrennungsgase), sind bei vollständiger Verbrennung des Brenn- oder Kraftstoffs nur der aus der Luft stammende Stickstoff (N2) und die Verbrennungsprodukte Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf (H2O) enthalten, bei unvollständiger Verbrennung neben unverbranntem Sauerstoff (O2) noch Kohlenmonoxid (CO), Wasserstoff (H2), verschiedene unverbrannte Kohlenwasserstoffe (CnHm oder »HC«) und Rußteilchen. Weiter enthalten sie Schwefeldioxid (SO2), das sich aus dem in fossilen Brennstoffen in unterschiedlichen Anteilen enthaltenen Schwefel bildet, sowie die v. a. bei höheren Temperaturen entstehenden Stickstoffoxide (Stickoxide, NOx) und die aus den Kraftstoffzusätzen (Antiklopfmittel) entstehenden Bleioxide und -halogenide. Die Abgastemperaturen betragen bei gut verbrennenden Öfen 800-1 000 ºC, bei Ottomotoren im mittleren Drehzahlbereich und bei Teillast 550-650 ºC (bei Volllast bis 850 ºC), bei Dieselmotoren 250-550 ºC (bis 750 ºC).
 
Die in den Abgasen enthaltene Wärmeenergie kann bei ausreichenden Abgasmengen zum Vorwärmen der Verbrennungsluft von Feuerungsanlagen, zur Warmwasserbereitung u. a., im Fall von Kraftfahrzeugabgasen zum Antrieb eines Abgasturboladers (Abgasturbine) genutzt werden. Um die Umweltbelastung zu vermindern und die Schadstoffemission den gesetzlichen Vorschriften anzupassen, wurden zahlreiche Methoden entwickelt und Maßnahmen ergriffen, die die Entstehung von Schadstoffen herabsetzen, z. B. durch Herabsetzung des Bleigehalts in Kraftstoffzusätzen oder durch die in ihrer Wirkung umstrittene Einführung eines Tempolimits. Durch Abgasnachbehandlung soll die Schadstoffemission verringert werden, z. B. durch Nachverbrennung oder mit unterschiedlichen Katalysatoren. (Abgasuntersuchung)
 
Industrielle Abgase aus Industrieanlagen und Gewerbebetrieben müssen, sofern sie Schadstoffe und Stäube enthalten, vor dem Einleiten in die Luft einer Abgasreinigung und Entstaubung (Entstaubungsverfahren) unterworfen werden, um Luftverschmutzung zu vermeiden. Als besonders schädliche Bestandteile können sie neben den aus Feuerungen stammenden Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid und Stickoxiden auch Schwefelwasserstoff (H2S), Chlor (Cl2), Chlorwasserstoff (HCl), Fluorwasserstoff (HF) und polychlorierte Kohlenwasserstoffe enthalten, wobei besonders das Schwefeldioxid und die Stickoxide für den sauren Regen verantwortlich gemacht werden.
 
Kohlekraftwerke stoßen auch radioaktive Schadstoffe aus, die von den in der Kohle enthaltenen radioaktiven Beimengungen (besonders die Radionuklide Kalium 40, Radon 222, Radium 226 und 228) stammen. Die von ihnen bewirkte Strahlenbelastung (jährliche Dosis) liegt unter den nach der Strahlenschutzverordung zulässigen Höchstwerten, jedoch über der Umgebungsbelastung durch die in der Abluft von kerntechnischen Anlagen enthaltenen Mengen an gasförmigen Spaltprodukten und Radionukliden (v. a. Krypton 85, Jod 129, Xenon 133 und Tritium), die nicht von Filter- u. a. Rückhalteanlagen aufgefangen werden. Die durch sie hervorgerufene Strahlenbelastung bleibt aber auf jährlichem Dosiswerte erheblich unter 10 mrem/a begrenzt.
 
Besonders die industriellen Abgase werden heute in dem größeren Rahmen der Abfallbeseitigung betrachtet, da z. B. Maßnahmen zur Abgasreinigung durch Filter oder Luftwäscher Abwässer, Schlämme und feste Abfallstoffe liefern, die beseitigt werden müssen.
 
Abgasgesetze legen u. a. Höchstgrenzen des zulässigen Schadstoffausstoßes fest. In der BRD sind die Vorschriften in Bundes- und Landesgesetzen normiert, hierunter v. a. das Bundesimmissionsschutzgesetz vom 15. 3. 1974 in der Fassung vom 14. 5. 1990, die hiervon als Allgemeine Verwaltungsvorschrift abgeleitete, vom Bundesinnenminister erlassene Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (»TA Luft« vom 27. 2. 1986), in der die Immissionskenngrößen definiert sind, neben weiteren Durchführungsverordnungen (betreffend z. B. die Kleinfeuerungs- und Großfeuerungsanlagen, Chemischreinigungsanlagen) sowie das Benzinbleigesetz vom 5. 8. 1971.
 
Zur Verringerung der Emissionswerte bei Kraftfahrzeugen erfolgt nach dem Beschluss des EU-Umweltrates die Anpassung der europäischen an die US-amerikanischen Abgasnormen, was seit Ende 1992 für alle Pkw den Einbau von geregelten Katalysatoren erfordert. Seit 1996/97 (Euro-2-Norm) sind die Abgasgrenzwerte für Kraftfahrzeuge erneut verschärft worden; eine weitere Reduzierung des Schadstoffgehalts im Abgas ist mit der Euro-3-Norm (2000/2001) und mit der Euro-4-Norm (ab 2005/2006) geplant. Im Vergleich zur Euro-2-Norm wird der Schadstoffgehalt durch diese Maßnahmen halbiert. (Abgasuntersuchung, Kraftfahrzeugsteuer, Mineralölsteuer)
 
 
H. Engelhardt: Bundes-Immissionsschutzgesetz, Komm., Bd. 1 (31991);
 
Bd. 2 (21980);
 K. Leichnitz: Gefahrstoff-Analytik (21991);
 H. Ludwig: TA Luft (1994).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Katalysator: Verringerung von Schadstoffen
 

Universal-Lexikon. 2012.

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